Interreligioser Dialog zur Vielfallt
Am 24.10. auf der Vieweide haben wir an einem interreligiosen Dialog zur Thema Vielfallt teilgenommen.
Der Text des rumänisch-orthodoxen Vortrages folgt:
Im Christentum spricht man von dem einen Gott als Dreieinigkeit oder Dreifaltigkeit. Was ist denn der Unterschied? Dreifaltigkeit beschreibt die Existenz Gottes als drei unterschiedliche Personen: Gott-Vater, Gott-Sohn und Gott-Heiliger Geist. Die Dreieinigkeit vereint die drei in unendliche Liebe. Der rumänische Theologe und Heilige Dumitru Stăniloae beschreibt die Dreieinigkeit als die „Struktur der höchsten Liebe“. Nur in der vollkommenen Liebe der Dreieinigkeit, kann die Dreifaltigkeit überleben. Eine unvollständige Liebe, eine Liebe die egoistisch ist, wird früher oder später das Objekt der Liebe konsumieren, bzw. eine der zwei Personen in einer solchen Beziehung. Im Gegensatz dazu, eine selbstlose, wahre Liebe, kann beide Personen der Liebesbeziehung sogar fördern und stärken.
Ähnlich zu dem Model Gottes, hat er uns Menschen geschaffen. Jeder von uns ist einzigartig. Und Gott fördert uns einzigartig zu bleiben, und uns frei zu entfalten.
Warum sind denn die Menschen trotzdem weniger vielfältig, und schöpfen das eigene gottgegebenes Potenzial kaum aus? Und das besonders in den so genannten zivilisierten Gesellschaften?
Das ist auf den Säkularismus und die Konsumgesellschaft zurückzuführen, die Feinde der Vielfältigkeit des Menschen und der Gesellschaft sind. So wird die Seele dem Körper unterstellt. Die Seele allein ist unendlich und steht im direkten Kontakt zu Gott, nicht der Körper. Wenn die Seele dem Körper unterstellt wird, dann ist die ganze Person eingeschränkt und verliert die Ewigkeit, und damit auch die Vielfalt: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt“ (Math. 4, 3, sowie im Dtn. 8, 3).
Ein paar einfache Beispiele wie die Konsumgesellschaft die Vielfalt der Menschen reduziert:
1. Was wir besitzen: Die einstige Vielfallt der deutschen Autos, auch derer, die wir in unserer Heimatstadt Sindelfingen produzieren, wird in den letzten Jahren immer weiter reduziert. Wir sind von Pret-a-Porter zu Fast Fashion gegangen. Alles wird gleich, um die Verkaufskosten zu sinken.
2. Wie wir arbeiten: Die Werkzeuge die wir verwenden, verwandeln uns gleichzeitig. Selber einfache Tools wie Schaufel, oder Hammer kann man kaum auf mehreren Weisen verwenden.
3. Was wir essen: 75% der Lebensmittel die auf unseren Tellern landen waren mindestens einmal tiefgefroren. Das heißt die Vielfalt unserer Nahrung nimmt ab, denn nur noch die einfriertauglichen Lebensmittel uns im Supermarkt angeboten werden.
4. Was wir sind: Anwalt, Ingenieur, Arzt, etc. Kaum einer will sich noch vielfältig entwickeln: Sokrates, war kein Schreibtischphilosoph, sondern auch ein Olympiateilnehmer; Michelangelo war nicht nur ein Entdecker, sondern auch ein Maler, Bildhauer, Architekt und Dichter; Albrecht Dürer war nicht nur ein Maler, sondern auch ein Mathematiker. War es nur Glück, und lag es daran, dass sie Zugriff zu einer guten Bildung hatten? Und vielleicht noch guten Genen?
Das meistreproduzierte Werk von Dürer heutzutage, die Betenden Hände, hat eine rührende mögliche Entstehungsgeschichte. Albrecht Dürer durfte studieren, während sein Bruder hart arbeiten musste, weil die Familie nicht genug Geld für beide Brüder hatte. Als Tribut, verwendete Dürer die Hände seines Bruders als Model für das o.g. Kunstwerk.
Berührend. Aber noch so ist die Tatsache, dass die Menschheit heutzutage praktisch unbegrenzten und kostengünstigen Zugang zu Bildung für alle geschaffen hat, in Form des Internets. Und trotzdem wird das Internet lediglich nur Sekundär für Bildung genutzt. Dürer würde uns scharf verurteilen.
Die Medizin spricht von so genannten Krankheitsbildern. Auch weil eine Krankheit die sonst so unterschiedlichen Menschen gleich macht. Der übermäßige Konsum ist genau eine solche Krankheit. Jeder soll diesen Kampf in sich führen und das Bild Jesu in sich wieder finden, um von der Vielfalt der Gaben des Heiligen Geistes profitieren zu können.
Text: Pfr. Dr. ing. Stefan Arghir
Lektorat: Elisei Sbircea